Diversity und Frauen, manchmal scheint es, als sei das Thema Diversity nur ein Frauenthema. Dabei zeigen Stichworte wie Neurodiversität oder Inklusion, dass wissenschaftlich und empirisch längst viel breiter zu dem Thema geforscht wird. Mit Recht, denn der Zusammenhang zwischen Übernormung, Anpassung und Leistung ist evident. Wer sich sexuell, religiös, neuronal usw. stets rechtfertigen muss oder seine wahren Bedürfnisse verschleiert, weil sie tabuisiert oder ausgrenzend wirken, wird unter seinem Niveau bleiben.
Die Übernormungsmuster sind stets die gleichen – die Mehrheit definiert, was als normal gilt und folglich, welches Verhalten akzeptabel ist und was nicht. Typische Diskriminierungspraktiken sind zuallererst rhetorisch, bevor sie strukturell-legislativ zementiert werden. So kann es als Social- oder Capacityblaming bei Menschen mit einer autistisch oder hochsensitiv geprägter Wahrnehmung gelten, wenn Kolleg_innen von „Der oder die ist ein bisschen schräg“ sprechen oder „Was, das strengt dich an, du bist ja überhaupt nicht belastbar!“ Wie Produktivität entsteht, verläuft mitunter eben außerhalb der Norm.
Daher dürfen Frauen, die zum Teil anderes Kommunikationsverhalten als Männer zeigen, genau wie LGBTQ**** mit Recht hellhörig werden, wie inklusiv sie angesprochen werden oder nicht.
„Mit Diversity in Führung – Welche Kultur braucht der digitale Wandel?“
Etwa 50 Frauen und eine Handvoll Männer zeigten beim gestrigen Themenabend der Digital Media Women (DMW) München, dass das Thema Diversity im Blick auf Frauen inzwischen eine Geschichte hat, aus der zu lernen ist – für künftige Diversitystrategien. Denn es ist zu erwarten, dass mit der Erweiterung des Diversityspektrums – nicht zuletzt im Blick auf Cyborgs – bekannte Problemszenarien wieder auferstehen.
- War es ein Fehler, das Thema Diversity anfangs in der HR zu verorten und mit dem Schwerpunkt „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ zu positionieren? Ja, es war. Denn es gehört in die Geschäftsstrategie.
- War es ein Fehler zu glauben, dass sich ohne Quote etwas bewegt? Ja, es war. Erst recht, wenn man noch heute Quote 0 als Ziel angeben kann.
Das Panel @SteffiFeldmann (Keyp), @RosaRiera (Siemens) und Kathrin Rhode (Thoughtworks) moderiert von Katja Vater (@Katja_like) brachte wertvolles Erfahrungswissen aus dem Alltag mit. Angenehm selbstkritisch, ohne den „Welche Probleme?“-Habitus und erkennbar energetisch (trotz mancher „zwei-zurück-eins-vor“-Schritte) für die Sache kämpfend. Außerdem grandios, das ironische Zitieren der unbewussten eigenen Vorurteile und Stereotypen (un)concious bias. Der Saal bekam gleich eine vitalere Dynamik.
#30mit30, also 30 Unternehmen mit einer Frauenquote von 30 Prozent bleibt noch ein Fernziel – leider.
So lautet das Fazit von den ehrenamtlichen DMW Macherinnen @hellocec CécileSchneider und @KatjaVater. Aufgeben gilt trotzdem nicht, denn es ist ja auch schon etliches erreicht worden.
Neulich stellte die ZEIT eine Sammlung an diskriminierende Sprüchen vor, die in dieser Geballtheit Gefühle wie Trauer, Zorn, Abscheu weckten, aber auch sprachlos machten. Da Sprache eine, wenn nicht die wichtigste Präfiguration vorstellt, ist es wichtig, auch für Diversity gute Narrative zu finden. Das ist beileibe nicht trivial, zumal das Deutsche sich schwerer tut als das Englische, um sowohl sensibel als auch flüssig zu formulieren. Schließlich wirkt auch die Gendersternchendebatte bei Menschen, die an sich zu den Födererern gezählt werden dürfen, nicht nur Gutes und kann überfordern.
Ich habe vor langer Zeit einem Kunden den Vorschlag gemacht, die salvatorische Klausel einfach mal umgekehrt anzuwenden. Also, statt der besseren Lesbarkeit immer nur die weibliche Form zu verwenden, aber in der Fußnote darauf hinzuweisen, dass die männliche natürlich mit gemeint sei. Das Ergebnis, große Beipflichtung, echt cool, wäre ja mal interessant – gemacht wurde es dann doch lieber anders.
Kein Scherz. Warum mehr Humor befreiende Wirkung haben kann
Humor, echt, jetzt?! Die jüngsten Shitstorms zu Vater- und Muttertagsvideos von Edeka lassen grüßen. Humor, ist das nicht immer auf Kosten von irgendwem? Wie oft, macht auch im Humor die Dosis das Gift.
Feiner Humor hat eine große subversive Kraft, auch weil er teilweise im uneigentlichen Sprechen beruht. Ihm eignet, so betrachtet, etwas durchaus Virtuelles an, er macht Dinge möglich, indem er zeigt, wie unmöglich sie sind und vice versa. Dadurch kann Humor etwas aufbrechen, was zuvor nicht denkbar war. Er kann Normen hinterfragen, blinde Flecke zeigen, den Spiegel vorhalten. Wenn man sich anschaut, was heute schon an AR, VR und MR möglich ist, frage ich mich, warum dies so selten für die wirklich relevanten Probleme eingesetzt wird.
Die Möglichkeiten des Humors für die gute Sache austesten – Risiko oder nicht?
Humor kann etwas aufbrechen, was zuvor nicht denkbar war. Er kann Normen hinterfragen, blinde Flecke zeigen, den Spiegel vorhalten. Warum also nicht die Möglichkeiten des Humors stärker für die gute Sache austesten?
Gerade, wo es um ernsthafte, seriöse Anliegen geht, sind die Verfechter dieses Anliegens eher zögerlich gegenüber der Kraft des Subversiven. Es könnte ihrer Sache schaden und abträglich sein, fürchten sie. Da ist insofern etwas dran, als dass Humor eine gefährliche Waffe sein kann.
Nichts kann mehr nach hinten losgehen als Pseudo-Humor. Es kann aber auch revolutionäre Kraft haben. Karikaturen oder Cartoons in Zeitungen, diese illustrierte Glossen, bewahren etwas auf von dieser harmlos machtvollen Power. Eine Kultur, in der man zum Lachen nicht in den Keller gehen muss, hält viel mehr aus und kann helfen, allfällige Spannungen, die zunehmen werden, wohlwollend und positiv zu entladen. Kultur, Diversity und Humor passen auf den ersten Blick vielleicht so wenig zueinander wie die beiden Protagonisten in dem Film „Ziemlich beste Freunde„, der ja auf einer wahren Geschichte beruht. Der Tetraplegiker Philippe schätzt an seinem Pfleger Driss, dass er ihn gerade nicht wie ein rohes Ei behandelt. Und ja, zwischen beiden darf viel gelacht werden.